Es ist Herbst geworden. Und auch, wenn dieses Gedicht von Rainer Maria Rilke zu meinen Lieblingsgedichten gehört, den Herbst mag ich nicht. Daran können auch Internet-Videos, in denen der Herbst als „cozy“ (also „gemütliche“) Lesezeit mit Kerzenlicht, Kakao und heißem Badewasser angepriesen wird, nicht viel ändern.
Natürlich mag ich gemütliche Abende auf der Couch und die bunten Blätter an den Bäumen – feuerrot, goldgelb, orange und braun –, aber Dunkelheit und Feuchtigkeit und Kälte mag ich nicht. Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Und nicht jeder Abend ist bis in die Nacht hinein mit kreativen Arbeiten oder entspanntem Lesen gefüllt. Wenn das Licht in meiner Wohnung ausgeht, liege ich manchmal noch lange wach.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit…
Nicht nur für mich, sondern auch für Rainer Maria Rilke (und wahrscheinlich noch für viele andere Menschen), ist der Herbst eine Zeit der Schwere. Eine Zeit des Nachdenkens, der Stille und manchmal wohl auch der Einsamkeit.
Aber vielleicht kann es auch eine Zeit der Reflexion und Besinnung sein. Eine Zeit, in der wir auf uns selbst achten und es uns manchmal eben auch bewusst gemütlich machen – gerade dann, wenn der Schlaf auf sich warten lässt oder der Herbstblues ungefragt vorbeischaut. Eine Zeit der Ruhe und Entschleunigung (wie sie auch die Natur zu dieser Jahreszeit durchlebt).
Gott begleitet uns auch durch Herbst und Winter. Er hält uns sanft in seinen Händen und spricht:
„Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken.“ (Ez 34,16 (L))
Amen.